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Wettbewerbsverbote: Die verkaufte Karriere

Kaum ist die Pandemie überstanden, herrscht schon wieder Torschlusspanik in den Chefetagen. Die deutsche Wirtschaft hat ein dramatisches Nachwuchsproblem. Nach Angaben der deutschen Arbeitgeberverbände betrachtet die Mehrheit der Unternehmen den Fachkräftemangel als großes Problem für die Zukunftsfähigkeit. Für Jobsuchende ist diese Situation Segen und Fluch zugleich: Einerseits schmeichelt es natürlich, von mehreren Unternehmen umworben zu werden und bei Gehaltsverhandlungen mit diesem Pfund wuchern zu können. Andererseits müssen Fach- und Führungskräfte damit rechnen, dass ihr neuer Arbeitgeber alles daran setzen wird, ein Abwandern der neu gewonnenen Spezialisten zu verhindern – und den Vertrag mit einem strengen Wettbewerbsverbot ausstattet.

Bei Stellenbesetzungen oder –wechseln sehen sich dann Arbeitgeber und Arbeitnehmer gelegentlich – aber dann meist „ganz plötzlich“ – mit dem Wörtchen „Wettbewerbsvereinbarung“ konfrontiert. Was das ist und in der Praxis für Konsequenzen mit sich bringt, möchte ich im Folgenden erläutern. Grundsätzlich gilt: Eine Wettbewerbstätigkeit während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses ist ausgeschlossen; d.h. der Arbeitnehmer darf im Tätigkeitsbereich des Arbeitgebers keine Geschäfte für eine andere Person oder auf eigene Rechnung machen. Dies ergibt sich aus der allgemeinen arbeitsvertraglichen Treuepflicht. Das Wettbewerbsverbot endet für den Arbeitnehmer mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Für den Zeitraum nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat der Gesetzgeber einige Regelungen aufgestellt, die mittlerweile durch eine unübersichtliche Rechtsprechung ergänzt worden ist. In der Praxis führt dies immer wieder zu Unsicherheiten. Wie also sieht ein zuverlässiges und wirksames Wettbewerbsverbot aus?

Formale Anforderungen

Bei Abschluss des Arbeitsvertrages oder einer späteren zusätzlichen Vereinbarung muss schriftlich zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber vereinbart werden, dass der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses keine Konkurrenz machen darf. Unzulässig ist dagegen ein bloß einseitiges Bestätigungs- oder Anstellungsschreiben Ihres Arbeitgebers. Eine Ausfertigung der Vereinbarung muss dem Arbeitnehmer ausgehändigt werden. Wird dies verweigert, ist die Vereinbarung unwirksam. Das Verbot des Wettbewerbs nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann jedoch höchstens für die Dauer von zwei Jahren vereinbart werden.

Voraussetzung für die Wirksamkeit ist auch, dass dem Arbeitnehmer eine monatliche Entschädigung gezahlt wird.

 Diese Entschädigung muss mindestens die Hälfte des letzten Lohnes betragen, den der Arbeitnehmer während des bestehenden Arbeitsverhältnisses vertragsgemäß erzielt hatte. Dazu zählen neben der regelmäßigen monatlichen Vergütung alle Einmalzahlungen sowie Zulagen und Sachbezüge. Bei Dienstwagen ist der lohnsteuerliche Wert anzusetzen; bei wechselnden Bezügen wie Provision, Tantieme oder Gewinnbeteiligung ist der Durchschnitt der letzten drei Jahre zu ermitteln. Die Entschädigungspflicht gegenüber dem Arbeitnehmer besteht selbst dann, wenn der Arbeitnehmer z.B. aufgrund von Arbeitsunfähigkeit nicht die Möglichkeit hat, dem Arbeitnehmer Konkurrenz zu machen. Auch wenn der Arbeitnehmer in den Ruhestand geht, bleibt der Arbeitgeber u. U. entschädigungspflichtig. Erhält der Arbeitnehmer Lohn aus einem neuen Arbeitsverhältnis, ist dieser auf die Entschädigung anzurechnen. Fehlt die Vereinbarung einer Entschädigung, ist das Verbot nichtig. Liegt die Höhe der Entschädigungsleistung unter dem gesetzlichen Minimum ist das Wettbewerbsverbot für den Arbeitnehmer lediglich unverbindlich. Das bedeutet, dass man es sich aussuchen kann, ob man sich daran hält oder nicht.

Auszeit für Aufsteiger

Erforderlich ist weiterhin, dass das Verbot unmissverständlich formuliert ist; wann und in welchem Ausmaß es Anwendung findet, muss klar sein. Erforderlich ist weiterhin, dass der Arbeitgeber ein berechtigtes geschäftliches Interesse an einem Wettbewerbsverbot hat. Dieses ist z.B. der Fall, wenn ein Arbeitnehmer den gesamten Kundenstamm des Arbeitgebers kennt (z.B. Gebietsverkaufsleiter wechselt innerhalb seines bisherigen Reisegebietes zum direkten Wettbewerber). Ein Wettbewerbsverbot ist nichtig, wenn es das weitere Arbeitsleben des Arbeitnehmers in unbilliger Weise erschwert.

Oft genug kommt es dazu, dass das Wettbewerbsrecht aus rein formalen Gründen unwirksam oder aber für den Arbeitnehmer zumindest unverbindlich ist. Bei unklarem Sachverhalt ist die Einholung juristischen, anwaltlichen Rats geboten. Kommt man zu dem Schluss, dass das Wettbewerbsverbot greift, so muss man natürlich Farbe bekennen und Position beziehen.

Wer ein solches Verbot missachtet und dennoch bei der Konkurrenz an Bord geht, riskiert viel. Da gute Alternativjobs oft nur bei der Konkurrenz zu finden sind, haben Wettbewerbsverbote das Zeug zum echten Karrierekiller. Denn selbst ausgewiesene Spezialisten dürften nach einer längeren Zwangspause nicht mehr über das Know-how verfügen, das von ihnen erwartet wird. Vom einstigen Wettbewerbsvorteil ist dann nichts mehr übrig. Auch hier gilt der bekannte Satz der alten Römer: „Pacta sunt servanda!“ – Verträge sind einzuhalten.