Gehaltskiller Inflation
Da möchte der eine oder die andere beim Einkommen nachverhandeln. Doch Vorsicht bei dem Argument, dass alles teurer geworden ist. Auch die Unternehmen und damit die Arbeitgeber haben mit steigenden Preisen zu kämpfen. Der Spielraum für höhere Lohnkosten wird damit geringer.
Der Grundsatz jeder Gehaltsverhandlung lautet: Leistung gegen Geld.
Die Frage ist doch, ob Topleister sich im Fall einer Gehaltserhöhung nur mit dem Inflationsausgleich zufrieden geben sollen, obwohl bei einem detaillierten Leistungscheck deutlich mehr Geld drin gewesen wäre.
Gehaltsverhandlung in Zeiten hoher Inflation
Die zentrale Aussage muss lauten: die eigene Leistung statt steigender Preise betonen. Weg von der Inflation hin zur eigenen Leistung argumentieren. Am besten, indem man konkret den Nutzen seiner Leistung für das Unternehmen unterstreicht und mit Zahlen belegt.
Vertriebler haben es hier besonders leicht. Denn sie können belegen, wie viele Kunden oder Aufträge sie an Land gezogen haben, und dies in Umsätzen messen. Aber auch in anderen Bereichen lassen sich Kennzahlen herausfinden, die die eigene Leistung belegen.
So könnte etwa ein Logistikfachmann vorrechnen, wie viel Zeit man durch die Einführung eines neuen Versand- oder Lagersystems eingespart hat. Marketingexperten könnten die Verkaufszahlen nach einer wichtigen Messe oder Werbeaktion als Referenzgröße mit ins Gespräch nehmen. Und im Kundendienst können Mitarbeiter aufzählen, wie viele Reklamationen sie bearbeitet haben.
Vielen Angestellten graut es vor dem Jahresgespräch, vor allem wenn es ums Geld geht. In der Krise haben sie erst recht ein schlechtes Gewissen, ein Vergütungsplus zu fordern. Die Münchener Verhandlungstrainerin Claudia Kimich sieht das anders: „Für das Gehalt zählen die persönliche Leistung und der Wert des Mitarbeiters für die Firma.“
Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten käme es doch genau darauf an. Verhandlungstrainerin Anja Henningsmeyer aus Frankfurt stimmt zu: „Wer nicht fragt, lässt sich die Chance auf mehr Geld garantiert entgehen.“
Guter Rat muss nicht teuer sein
Die Expertinnen geben gute Ratschläge, wie Angestellte inmitten der Krise ihren Chef von einer Gehaltserhöhung überzeugen. Sie raten den Realitätscheck zu machen: Wie genau trifft die Krise unser Unternehmen? Hat das überhaupt Auswirkungen auf meine Gehaltsforderung? Gerade der Onlinehandel kommt gut durch die Krise. Hier lohnt das Verhandeln.
Und wenn jetzt kein Gehaltsplus drin ist, sollten Angestellte versuchen, einen Vertrag auf die Zukunft abzuschließen und Kriterien wie Umsatz oder Deckungsbeitrag zu verhandeln, die konkret definieren, bei welchen Veränderungen eine Gehaltserhöhung winkt. 90 Prozent des Verhandlungserfolgs seien auf gute Vorbereitung zurückzuführen, sagt Henningsmeyer. Mitarbeiter sollten das anhand von drei Punkten tun.
Erstens: Um angemessene Gehaltsforderungen stellen zu können, sollte man sich darüber im Klaren sein, welche Gehälter in der Branche, dem Unternehmen und der Region üblich sind.
Zweitens: Mitarbeiter sollten die eigenen Gehaltswünsche konkret aufschreiben: Was ist meine Idealforderung? Was ist mein Minimum?
Drittens: Sich auf den Verhandlungspartner vorbereiten. Was kann ich meinem Chef anbieten, das die Firma in der jetzigen Lage voranbringt?
Wer verhandelt, sollte alternative Forderungen mit in das Gespräch nehmen – das erhöht den Verhandlungsspielraum. Ist eine Gehaltserhöhung konkret nicht durchsetzbar, sollte man sich hierzu Alternativen überlegen. Das können beispielsweise flexiblere Arbeitszeiten, eine bessere Homeoffice-Ausstattung oder ein Jobticket sein.
Eines sollte man in der Gehaltsverhandlung vermeiden: demütig oder gar ängstlich ins Gespräch zu gehen. Unternehmen brauchen gute Mitarbeiter. Und wenn alles nicht hilft, sollte man in der Gehaltsverhandlung nicht mit der Kündigung drohen. Schwierig wird es aber dann, wenn Gehaltserhöhungen schon mehrfach verweigert worden sind. Wenn einen dann nicht die Gewohnheit in der bisherigen Firma hält, könnte der Zeitpunkt gekommen sein, über einen Jobwechsel nachzudenken.
Letztlich gilt: Ihre Erfolgsaussichten in der Gehaltsverhandlung steigen, wenn Sie von sich und Ihren Stärken überzeugt sind und Sie diese auch positiv nach außen repräsentieren können. Denn Arbeitgeber wissen: Wenn Sie Ihre Interessen sachlich und souverän vertreten, werden Sie auch als Mitarbeiter die Interessen des Unternehmens erfolgreich vertreten können. Das ist ein gutes Argument dafür, auch mehr Gehalt zu bezahlen. Quod erat demonstrandum.