Arbeitszeugnis auf Knopfdruck!?
Einer Studie der Stellenbörse Indeed zufolge fällt das Dokument in seiner Aussagekraft für Personalverantwortliche hinter Lebenslauf und Anschreiben zurück.
Nicht die fachsprachlich verschwurbelten Passagen erregen demnach die Aufmerksamkeit des eingeweihten Lesers. Die Substanz liegt vielmehr in der bloßen Faktenanordnung. Neben der Präzision des Jobtitels dient das Zeugnis der Bestätigung, dass die betreffende Person über einen definierten Zeitraum im Unternehmen gearbeitet hat. Immer einen Blick wert ist die sogenannte Schlussformel. Auch wenn es der Gesetzgeber nicht vorschreibt, gehört an das Ende eines qualifizierten Zeugnisses eine höfliche Verabschiedung. Tatsächlich verbirgt sich hierin die Gesamtnote. Fehlt es an jeglichem Ausdruck des Bedauerns und Danks und sucht man gute Wünsche für die berufliche wie private Zukunft vergeblich, wissen Eingeweihte, dass – um in der Schulnotensprache zu sprechen – die Versetzung mindestens gefährdet war.
Wer hat schon Zeit für ein Zeugnis, welches viele Jahre Betriebszugehörigkeit abbildet? Oder, wie trifft man den richtigen Ton? Welche Fallstricke des Zeugniscodes sind zu beachten? Hier versprechen die sogenannten Zeugnisgeneratoren Entlastung. Die Angabe einiger wesentlicher Details genügt und schon spuckt der Rechner ein Zeugnis aus, das die Pflicht zur Beurteilung einer ausscheidenden Person erfüllt. Wählen können Anwender zwischen kostenlos im Netz verfügbaren Generatoren, deren Ergebnisse freilich wie ein Ei dem anderen gleichen. Oder sie bedienen sich kostenpflichtiger Systeme, die mit ihren Formulierungsvarianten durchaus aussagekräftige Beurteilungen ermöglichen.
Schöne, neue Software
Für formal passable Testate bietet sich beispielsweise der „arbeitszeugnisgenerator.de“ an. Das gratis verfügbare Tool begleitet den Anwender strukturiert durch die formal vorgegebenen Etappen eines qualifizierten Zeugnisses. Dabei brauchen überwiegend nur die gewünschten Noten angeklickt zu werden, um entsprechende Formulierungen zu aktivieren. Ist die Eingabe abgeschlossen, setzt der Generator die Informationen in ein auf den ersten Blick schlüssig formuliertes Zeugnis um.
Einiges zu bieten hat der kostenpflichtige Zeugnisgenerator „Haufe Zeugnis Manager Professional“. Nicht zuletzt dank seiner kontinuierlich gewachsenen Datenbank und den hinterlegten, ständig aktualisierten juristischen Erläuterungen gilt das Programm als Benchmark.
Auf der einen Seite wird hier dem Anwender die Sorge genommen, mit unprofessionell erscheinenden Zeugnissen den Unmut der ausscheidenden Mitarbeiter zu wecken.
Auf der anderen Seite führt der Einsatz eines Generators – und sei er noch so ausgereift – offenkundig nicht zu individuell aussagekräftigen Zeugnissen. Denn Zeugnisgeneratoren produzieren eben lediglich Textbausteine, die man eigentlich schon lange aus einschlägigen Büchern oder CDs übernehmen konnte.
Trotz der zunehmenden Kompetenz, durch die sich die Programme zweifelsfrei auszeichnen, bleibt der Bedarf an Know-How über das Lesen- und Schreiben-Können von Arbeitszeugnissen bei Personalern unverändert hoch. Sind Rechtschreibfehler zwar weitestgehend ausgemerzt, so weisen die Dokumente doch zum Teil erhebliche Mängel bei der individuellen Leistungsbeurteilung auf.
Führungsleistung im Arbeitszeugnis
Insbesondere bei der „Führungsleistung“ muss oft noch zusätzlich Hand gelegt werden. Die Führungsleistung wird heute etwas anders definiert als vor zwanzig Jahren. Führungskräfte müssen Impulse geben, Veränderungen einleiten, die Mitarbeiter bei ihrer Arbeit unterstützen und sie in ihrer Entwicklung fördern. Sie müssen Konflikte fair lösen und die Probleme in Teamarbeit bewältigen. Sie müssen deshalb fähig sein, zu koordinieren, ausgleichend zu wirken und menschliche Nähe und Vertrauen herzustellen. Dazu gehört Empathie, offen zu sein für Kritik und eigene Fehler einzugestehen. Die Gesamtbeurteilung sollte eine Antwort auf die Frage sein: Worin besteht der Beitrag zum Unternehmenserfolg?
Wer glaubt, den Prozess der Zeugniserstellung gänzlich automatisieren zu können, irrt. Wenn sich HR-Verantwortliche ausschließlich automatisierter Systeme bedienen, ist eine Anonymisierung zwangsläufig die Folge.
Das Bundesarbeitsgericht hat schon immer den Zeugnisausstellern die Formulierungsfreiheit zugestanden. Arbeitgeber sind frei in ihrer Entscheidung, ob sie die Formulierung des Zeugniscodes verwenden oder das Zeugnis in einer offenen und verständlichen Sprache schreiben. Diese Freiheit sollten die Arbeitgeber auch nutzen.
Jetzt wäre ein guter Zeitpunkt die Frage zu stellen, ob man mit einer Neuausrichtung der Zeugnissprache nicht eher Klarheit schaffen könnte und dann niemand mehr auf Codierungstabellen zurückgreifen muss. Eine Überlegung hierbei: Unternehmen sollen bei der Leistungs- und Verhaltensbeurteilung von Mitarbeitern einfach Schulnoten vergeben. Für ein Arbeitszeugnis als Quasi-Urkunde eigentlich logisch, aber in Deutschland bis auf Weiteres nicht möglich.
Denn nach wie vor sind Zeugnisse so abzufassen, dass sie wahr und dennoch wohlwollend formuliert sind und im Ergebnis das berufliche Fortkommen nicht beschweren.