Schlüsselqualifikation „Krise können“

Für Nicolas von Rosty, Deutschlandchef der international tätigen Personalberatung Heidrick & Struggles ist klar: „Die Zeiten der Schönwetterkapitäne sind vorbei.“ Es ist ein härterer Managertyp gefragt. Es ist die Nachfrage nach Führungskräften gestiegen, die analytisch und datenorientiert arbeiten und auf deren Prioritätenliste Perfomance-Management, Cashflow-Optimierung und Profitabilität ganz oben stehen.

Die geoökonomische Lage, einhergehend mit hohen Energiekosten, Lieferkettenengpässen, unklarer Lage für die Exportwirtschaft, dem klimaneutralen Umbau und KI-basierenden-Innovationsthemen, sorgt für Unsicherheit. Rufe nach einfachen und schnellen Lösungen, sei es in der Politik sei es in den Unternehmen, führt aber nicht zwangsläufig dazu, dass man hier mit Egoismus, Autoritarismus oder Populismus der Krise ein Ende setzen wird.

In diesen Zeiten braucht es aber klare Richtungsvorgaben und den Mut, entschlossen und im Zweifel auch mal top-down zu handeln. Auf der anderen Seite erfordern Arbeitskräftemangel und der Wunsch nach Work-Life-Balance viel Rücksichtnahme und die Bereitschaft, auf Augenhöhe zusammenzuarbeiten. Ein Versuch diese Anforderungen zusammenzuführen, wird in dem im Campus-Verlag erschienenen Buch „Zukunft im Widerspruch – Wie sich Deutschland jetzt neu erfinden muss“ erörtert. Eine zentrale These ist hier, dass es den einen richtigen Führungsstil nicht gibt.

Gute Führung bedeutet mehr denn je situatives Handeln. Was solche Erkenntnisse in der Praxis bedeuten und welche Anforderungen sich für Führungskräfte ableiten lassen, hat das Handelsblatt gemeinsam mit der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) untersucht und als Schlüsselqualifikationen verschlagwortet:

Strategischer Weitblick: Nachhaltig wirtschaften, das Unternehmen divers aufstellen, Innovationen fördern, kostet zunächst erstmal. In konjunkturell schwachen Phasen wie der jetzigen setzen Unternehmen gerne auf kurzfristige Umsatz- oder Profitabilitätsoptimierung. Wenn Kostenschnitte anstehen, Entlassungen nötig sind und Standorte geschlossen werden sollen, verlieren die handelnden Personen schnell den Unternehmenszweck aus den Augen. Führungskräfte müssen es schaffen, kurz- und langfristig wichtige Aufgaben vernünftig zu gewichten.

Starke Kommunikation: Klare Botschaften sind gefragt. Wenn man Stakeholdern, Mitarbeitern oder Kunden nicht erklären kann, was die Zielsetzung und Strategie ist, dann hat die Führungskraft keine Chance (mehr). Der Sanierer-Typ von früher, der sein Ding als One-Man-Show rücksichtslos durchgezogen hat, ist out. Strategie, Fachkompetenz, Emotion und Motivation sind gefragt.

Perfomance-Management-Kompetenz: Gefragt sind aktuell Leute, die systematisch messen und analysieren können, wie effizient einzelne Abteilungen, Teams und Mitarbeitende sind.

Digitale Kompetenz ist heute eine Standardkompetenz für Führungskräfte. In vielen bestehenden Managementboards ist diese allerdings noch nicht ausreichend verankert und gerade bei Neubesetzungen unverzichtbar.

In Krisenzeiten sind in den Unternehmen alle Augen auf das Top-Management gerichtet. Die entscheidenden Führungskräfte brauchen deshalb ein hohes Maß an Resilienz. Vielen Führungskräften fehlt diese Erfahrung jedoch gänzlich. Wer bereits bewiesen hat, dass er Krise kann, ist im Vorteil.