Entwicklung und Personalberatung in der Möbelbranche
Dank meiner langjährigen Tätigkeit als Führungskraft wie auch als Coach und Berater im Möbelhandel fühle ich mich dieser Branche immer noch eng verbunden. Unter den ausgesuchten Branchen, denen ich mich mit der Personalberatung Erbenich widme, bildet die Möbelbranche daher bei meiner Tätigkeit in der Personalbeschaffung und der Personalentwicklung einen wichtigen Schwerpunkt.
Derzeit befindet sich der Möbelhandel in einer gewissen Umbruchphase. Nachdem schon 2018 die Umsatzzahlen leicht zurückgingen, konnte das noch auf den ungewöhnlich lang anhaltenden Sommer geschoben werden. Doch auch für die ersten Monate im Jahr 2019 wollte sich keine drastische Besserung einstellen.
Im Gegenteil, nach den 2% Rückgang des Vorjahres wies das erste Quartal noch einmal 1,9% im Minus auf. Das will allerdings nicht viel besagen, schließlich darf die Möbelbranche als Ganzes auf sehr hohe Umsatz- und Absatzzahlen blicken. Mit rund 22 Milliarden Euro Umsatz bildet Deutschland den unangefochtenen Spitzenreiter in Europa. In die Eurozone werden denn auch 75% der Möbel exportiert, während der Bedarf im Inland etwa 65% der Produktion in Anspruch nimmt.
Trotz dieser insgesamt glänzenden Zahlen muss sich die gesamte Branche auf größtenteils strukturbedingte Entwicklungen und Herausforderungen einstellen. Dabei lassen sich drei Felder unterscheiden, die jedoch im Zusammenspiel ein größeres Umdenken auf den Leitungsebenen erfordern.
Die Konzentration in Handel und Industrie nimmt zu
Einige Bereiche der Möbelbranche befinden sich immer noch fest in Familienhand, allerdings sind das natürlich recht einflussreiche Familien. Insgesamt gesehen hat sich die Zahl der Hersteller in den letzten 30 Jahren um mehr als 30% deutlich reduziert. Die verbliebenen Hersteller haben in dieser Zeit ein Wachstum von mehr als sieben Prozent erwirtschaftet, was für einen im Prinzip gesättigten Markt beachtlich ist.
Diese Zahlen müssen natürlich im Einzelnen betrachtet werden, denn die Entwicklung läuft sehr unterschiedlich in den einzelnen Segmenten. 80% der Handelsbetriebe mit 60% des Umsatzes sind bereits in Einkaufsverbänden organisiert, diese Konsolidierung setzt sich bei den Verbundgruppen fort.
Dieser Trend stellt insofern eine Herausforderung dar, als dass er sich auf die Personalentwicklung und auf die Vertriebsform auswirkt. Die 23 Millionen Quadratmeter Verkaufsfläche des Möbelhandels werden nicht billiger, die Flächenzunahme hat sich deutlich abgeschwächt. Dazu kommt eine langsame Rückkehr aus den Randgebieten in die Ballungszentren, wo z.B. mit Hilfe von Augmented Reality der Platzmangel durch neue Konzepte des Verkaufs ausgeglichen werden soll. Alles zusammen führt neben einer Zunahme des Lieferverkehrs zur Betonung des Online-Handels, der derzeit noch bei etwa 10% stagniert, aber ausgebaut werden soll.
Schon die Küchenmöbel werden zu 25% online bestellt. Hier sind für Personal und Führungskräfte ganz neue Fähigkeiten angesagt, die eine intensive Personalentwicklung erforderlich machen. Aber es gibt noch andere Herausforderungen. Denn gerade die An- und Auslieferung führt in das nächste Problemfeld, vor allem, wenn der Prozentsatz des Online-Handels noch steigen soll.
Die Möbellogistik im Umbruch
Der Geschäftsführer des Handelsverbands Möbel und Küchen (BVDM), André Kunz, sieht in der Logistik der Möbelbranche insgesamt ein Problemfeld mit Sprengstoffpotential. Das liegt zum Teil natürlich an der Entwicklung des Online-Handels über alle Branchen hinweg. Bei jährlich zweistelligen Zuwachsraten sind die Käufer mittlerweile gewohnt, dass sie die Ware zum Teil bereits am nächsten Tag sogar mit Angabe der Uhrzeit geliefert bekommen.
In der Möbelbranche dagegen heißt die Auskunft auf Anfragen hier weiterhin: Innerhalb der nächsten Wochen. Schon 2015 hat sich mit der Zukunftsinitiative Möbellogistik eine Arbeitsgruppe gebildet, die eigentlich schnelle Fortschritte erzielen soll. Dabei geht es um gar nicht so simple Vorhaben wie die Abstimmung der Produzenten untereinander, die Vereinheitlichung der Datenbestände und damit der Beginn einer Koordinierung der Warenströme.
Doch diese Arbeiten dauern an, bislang hat man z.B. noch mit der Einführung papierloser Bestell- und Frachtdaten-Übermittlung zu tun. Dazu kommt ein weiteres entscheidendes Kriterium, das uns auch zum dritten Problemfeld führt. Die Möbelbranche leidet wie andere Branchen auch unter einem Personalproblem. Dies geht allerdings schon bei den Fahrern los. Der Fahrerstamm für die Möbelbranche wird nicht jünger. Neue Kräfte finden sich nicht so leicht. Fahrer werden einerseits für den stark angestiegenen Lieferverkehr aus dem Online-Handel aller Branchen eingestellt.
Zweitens heben sich die Verdienstmöglichkeiten als Auslieferungsfahrer in der Möbelbranche nicht besonders hervor. Drittens sind die Tätigkeiten nicht gerade als leicht zu bezeichnen, da es sich doch häufig um schwere Teile wie Couches handelt. Dazu kommt die Begleitperson, die auf vielen Fahrten anwesend sein muss. Diese ist aber außer beim Anliefern und Aufbauen direkt relativ unausgelastet. So bestehen schon Überlegungen, ortsansässige Packer zu beschäftigen, die punktuell zum Einsatz kommen, eine logistisch fast nicht zu stemmende Herausforderung.
Personalbedarf und Personalentwicklung in der Möbelbranche
Doch das Problem in der Personalbeschaffung setzt sich durch alle Ebenen fort. Der Fachkräftemangel findet besonders in der Möbelbranche seinen Ausdruck. Dazu tragen nicht nur der verhältnismäßig bescheidene Ruf des Einzelhandels und die generell niedrigen Lohnverhältnisse bei. Diese wirken sich zunächst einmal auf den Nachwuchs aus, die Zahl der Azubis sinkt. Der gesamte Handel sieht sich mit diesem Problem konfrontiert. Die 50 größten Handelsunternehmen in Deutschland haben derzeit über 50.000 offene Stellen ausgeschrieben. Das betrifft nicht nur die Fachkräfte, sondern vor allem die Führungskräfte.
Dabei sollten sich doch gerade die Führungskräfte beim Personal der Möbelbranche mit der geänderten Ausgangslage und dem generellen Umbruch beschäftigen. Doch wenn schon der Führungskräfte-Nachwuchs so schwer “zu beschaffen” ist, so gilt das erste recht für erfahrene Führungskräfte, die eventuell ihre Online-Vertriebserfahrungen aus anderen Branchen mitbringen könnten. Das Imageproblem des Einzelhandels bildet zusammen mit den hohen Arbeitszeiten und der verhältnismäßig niedrigen Vergütung das Hauptproblem.
Bei einer Befragung von 24 Handelsunternehmen teilten sich diese drei Faktoren die ersten Plätze bei den angegebenen Gründen für die schwierige Besetzung (Image mit 67%, Vergütung mit 75% und Arbeitszeiten mit 79%). Langfristig finden sich also genau in diesen drei Aspekten die Hauptangriffspunkte zur Verbesserung der Lage. Kurz- und mittelfristig dagegen lässt sich das Personal- und Führungskräfte-Problem in der Branche höchstens durch eine intensive Personalentwicklung angehen. Tatsächlich liegen nach der erwähnten Studie (EHI, 09,19) im Führungskräfte-Segment durchschnittlich 19 Bewerbungen für jede ausgeschriebene Stelle vor, deren Besetzung dann neun Wochen dauert.
Wenn 50% der Unternehmen es dennoch als “schwer” oder “sehr schwer” bezeichnen, diese Vakanzen vor allem in den Standorten außerhalb der Zentralen zu besetzen, liegt das auch an einem weiteren wichtigen Faktor: Wenn solche Stellen unbesetzt bleiben, wird dafür in der Hauptsache eine zu geringe Qualifikation der Bewerber verantwortlich gemacht. So vermelden es über 80% der befragten Personalstellen.
Hier kann mit einer intensiven Personalentwicklung für den Führungsnachwuchs gegengewirkt werden.