Gewußt wie: Bewerbungsgespräche am Bildschirm
Auf einmal gelten Videokonferenzen – auch Video-Calls genannt – als das Kommunikationsmittel schlechthin. Das in der Pandemie gebotene Social Distancing lässt insbesondere in der Personalgewinnung schnell und unkompliziert lange Wege überbrücken und gilt heute vor allem für die erste Gesprächsrunde als das Mittel der Wahl.
Mit Hilfe der digitalen Technik schaffen wir eine Situation – ohne an einem gemeinsamen Tisch zu sitzen –, in der wir uns beim Sprechen sehen und über die Wahrnehmung der Mimik, Gestik und nicht zuletzt der Körpersprache so kommunizieren, dass wir Reaktionen erkennen und emotionales Feedback erhalten.
Die moderne Technik erlaubt es uns, mit Blickkontakt und Körpersprache zu kommunizieren.
Ganz nach dem Geschmack des Kommunikationswissenschaftlers Paul Watzlawick: „Man kann nicht nicht kommunizieren!“
Beim ersten Mal wirkte das Gespräch vielleicht noch etwas unnatürlich, da die Videokonferenz für viele eine komplett neue Form der Unterhaltung darstellte. Am Anfang noch ein Wunder der Technik, so stellt sich Natürlichkeit in der Kommunikation nach ein paar Sitzungen ein. Je versierter Sie mit der Technik umgehen, desto souveräner wirken Sie. Ein weiterer positiver Effekt: Wenn Sie die Technik im Griff haben, können Sie sich voll und ganz auf die inhaltlichen Belange konzentrieren.
Und oft sind es doch Kleinigkeiten, die für Wirkung und Erfolg einer Videokonferenz Beachtung finden sollten:
Bedenken Sie, dass Sie sich nicht mehr als „ganze“ Person präsentieren, sondern wie auf einem Bewerbungsfoto, nur mit dem Oberkörper. Das heißt, das Gegenüber sieht nur diesen kleinen Ausschnitt, der die ganze Botschaft Ihrer Persönlichkeit transportiert.
Das wussten mit dem Ausspruch „vestis virum reddit“ – Kleidung macht den Mann – schon die alten Römer. Kleidung spielt im Berufsleben eine bedeutende Rolle. Die Wirkung eines Menschen auf andere hängt zu einem erheblichen Teil von seiner äußeren Erscheinung ab.
Die Kleiderordnung ist hier keine Frage des individuellen Geschmacks. Der Dresscode, wie er in vielen Branchen üblich ist, soll ein bestimmtes Image transportieren. Wer darüber nicht Bescheid weiß, kann sich viele Möglichkeiten verbauen. Karriere macht man heute nur selten im „Schlabberlook“.
Genau wie im richtigen Leben sollte die Kleidung, die wir bei einer Videokonferenz tragen, dem entsprechen, was wir normalerweise „draußen“ auch zu solchen Anlässen anziehen würden. Sie sollte zu uns passen, sie sollte passen, uns unterstützen und uns nicht verkleiden.
Zu beachten ist auch die Raumbeleuchtung. Achten Sie darauf, dass Ihr Gesicht von vorn ausgeleuchtet wird. Im besten Fall durch Tageslicht oder Tageslichtlampen. Nicht unwichtig ist der Hintergrund. Hierbei gilt: besser strukturiert als unordentlich. Weniger ist mehr. Weiter weg von der Wand wirkt großzügiger als Schatten werfend „mit dem Rücken zur Wand“. Achten Sie darauf, dass keine Pflanzen, Stehlampen oder Bilder hinter Ihnen positioniert sind, die für Ihren Gesprächspartner aus Ihrem Kopf zu wachsen scheinen. Insbesondere im sog. Homeoffice könnte ein virtueller Hintergrund hilfreich sein. Oder man wählt in den Einstellungen für den Hintergrund den sog. „Weichzeichnermodus“ aus.
Achten Sie darauf, dass Sie nicht von oben auf die anderen Teilnehmer herabblicken, wie es bei Laptopkameras naturgemäß der Fall ist. Hier könnte ein Laptopständer im wahrsten Sinne unterstützen. Wenn Sie regelmäßig an Videokonferenzen teilnehmen, könnte sich die Anschaffung einer externen Videokamera lohnen. Mit dem geraden Blick in das Objektiv signalisieren Sie, dass Sie mit dem Teilnehmer bzw. den Teilnehmern „auf Augenhöhe“ sind. Zudem ist oftmals die Qualität eines externen Mikrofons dem eingebauten ebenfalls vorzuziehen. Immer schwierig: Um einen vermeintlich echten Blickkontakt zu halten, müssen sie in die Kamera schauen; dann sehen sie aber Ihren Gesprächspartner nicht mehr, weil sie dafür auf den Monitor blicken müssten.
Setzen Sie sich in Szene. Das Bild sollte Kopf und Brust zeigen. Eine gerade Haltung und ein wenig Luft zwischen den Armen und dem Oberkörper wirken präsent und interessiert. Kleidung kommt in Videos anders rüber. In den Minibildern sind große Muster oft ablenkend. Starke Farben machen gute Laune und lenken den Blick in großen Gruppen auf einen selbst. Eine ruhige Umgebung sollte selbstverständlich sein. Geräusche, deren Herkunft andere Teilnehmer im Bild nicht sehen, können irritieren und wirken störend.
Nehmen Sie Ihr Gegenüber verbal mit, wenn Sie parallel mit etwas anderem am Rechner beschäftigt sind. Wenn Sie sich Notizen während des Gesprächs machen, dann unterbrechen Sie den Blickkontakt nur kurz.
Sagen Sie den weiteren Teilnehmern Bescheid, wenn Sie sich aus dem Bild entfernen müssen, um etwas zu holen. Informieren Sie sie auch darüber, wenn eine weitere Person den Raum betritt, die die übrigen Teilnehmer im Bild nicht sehen können. Verzichten Sie auch weitgehend auf Getränke – ein stilles Mineralwasser ist in Ordnung. Essen Sie nicht vor dem Bildschirm, es sei denn man ist zum Teamlunch verabredet. Blicken Sie nicht (heimlich) auf Ihr Handy. Es wird von den anderen Teilnehmern sehr wohl wahrgenommen.
Und – lächeln Sie bei der Verabschiedung, bis Sie nicht mehr zu sehen sind. Ein abruptes Einfrieren oder Versiegen des Lächelns, weil Sie gerade konzentriert den „Meeting-verlassen“-Button suchen, hinterlässt keinen guten letzten Eindruck.