Social Media für Manager
Der Publizist Ernst Probst treibt es vielleicht auf die Spitze, wenn er schreibt: „Wer im Internet nicht zu finden ist, erweckt den Verdacht, er habe gar nicht existiert.“ Für Manager besteht heute die Möglichkeit, über Social Media Plattformen Mitarbeiter, Bewerber, Kunden bzw. etwaige Investoren zu erreichen und mit diesen zu kommunizieren. Einer der erfolgreichsten Posts auf LinkedIn beispielsweise hat ganze drei Sätze. „Bis auf weiteres werden wir Anrufe und SMS von Festnetz und Mobilfunk in die Ukraine kostenfrei stellen“, lautet der erste. Veröffentlicht hat ihn Tim Höttges, Chef der Telekom, vor gut einem Jahr. In Satz zwei und drei erklärt Höttges, dass die Aktion für Privat- und für Geschäftskunden sowie für das Datenroaming gelten würde.
LinkedIn oder Xing sind längst nicht mehr bloß eine Karriereplattform, auf der sich hochqualifzierte Fach- und Führungskräfte für den nächsten Karriereschritt empfehlen oder sich mit anderen Ambitionierten austauschen. Wer dort am aktivsten und cleversten postet, hat unlängst die Kölner B2B-Kommunikationsagentur Palmer Hargreaves ermittelt. Konkret wurde die LinkedIn-Kommunikation von 94 Vorstandvorsitzenden aus Dax, MDax und TecDax analysiert. 51 wurden in ein Ranking aufgenommen, die „restlichen“ 43 hatten entweder auf der Plattform kein Profil oder waren dort praktisch inaktiv.
Es wurden nur Profile berücksichtigt, die 2022 mindestens zehn Beiträge gepostet und 100 Likes oder Kommentare verteilt hatten. Weit vorn im Ranking landeten nicht automatisch die Profile mit der höchsten Anzahl an Followern. Die Bewertung basiert auf einem Indexwert, in den unter anderem die Interaktionen der CEOs mit ihren Followern und jeweils die Zahl der Kommentare und Reaktionen unter ihren Beiträgen Berücksichtigung finden.
An der Spitze findet sich der Vorstandvorsitzende von RWE, Markus Krebber. Sicherlich trafen seine Aktivitäten auch im Rahmen der Energiekrise den Zeitgeist. Das von ihm behandelte Kernthema ist nunmal die Energiewende. So postete er bzw. das Team hinter seinem Profil hochwertig produzierte Inhalte wie Infografiken und sorgten mit 95 Postings und 1600 Reaktionen auf andere Beiträge für die verdiente Aufmerksamkeit.
Aus Sicht von Palmer Hargreaves–Chefin Iris Heilmann stehen alle Bestplatzierten für zwei Trends: „Einerseits geht es um sehr ernsthafte Themen wie den Ukrainekrieg und all seine politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Implikationen. Andererseits merkt man, dass nach der Coronazeit auch Leichtigkeit wieder gut bei LinkedIn ankommt.“
Und dann gibt es auch die Chefs, die wirklich alles selbst posten; so zum Beispiel auch von unterwegs, etwa von wieder durchgeführten Dienstreisen. Diese Beträge entstammen dann nicht der Presseabteilung, sind eher unprätentiös und können auch ansprechend sein.
Aber Achtung: Die Profile der Topmanager kann man durchaus zum Aufgabenbereich der Unternehmenskommunikation rechnen. Man darf hier die politischen Gegebenheiten innerhalb eines Unternehmens nicht unterschätzen. Kommunikationsabteilungen haben große Macht, was die Ausgestaltung der Auftritte der CEOs anbetrifft. Es ist schließlich ihre Aufgabe, den CEO in das rechte Licht zu rücken. Beispielsweise erscheint nicht jede Dienstreise ins Ausland heute als angemessen. Die Fachleute wissen eben auch, dass die Chefs eine Menge wichtiger, aber stiller Beobachter haben, die gar nicht öffentlich auf deren Inhalte reagieren.
Die Social Media–Aktivitäten sind aber auch weiterhin für das eigene Personalmarketing von Bedeutung. An einem aktuellen Profil und einer klaren Positionierung führt kein Weg mehr vorbei. Dieses „Reputationsmanagement“ ist kein kurzfristiges Projekt und muss spätestens bei einem Unternehmenswechsel mindestens überdacht werden. Aber im Zweifel gilt auch bei der Kommunikation via Social Media: „Das Gegenteil von gut ist nicht böse, sondern gut gemeint.“ (Kurt Tucholski)